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Wir bedauern das (zumindest vorläufige) Scheitern des Schulschwimmens im Gliesmaroder Bad sehr und hoffen, dass die Verhandlungen möglichst bald wieder aufgenommen werden. Die Leidtragenden eines endgültigen Scheiterns wären die Schüler und Lehrer. Es würde ein unnötiger Transportverkehr beibehalten und Unterrichtszeit vergeudet.

Wir möchten zunächst daran erinnern, dass Herr Knapp den Bürgerinnen und Bürgern Braunschweigs mit der Sanierung des Gliesmaroder Bades für rund 6 Mio. Euro ein großzügiges Geschenk gemacht hat. Dieser Betrag ist unseres Wissens die größte Einzelspende, die es in Braunschweig jemals gegeben hat. Herr Knapp hat sich darüber hinaus verpflichtet, für das Defizit des Gliesmaroder Bades aufzukommen, das trotz der energetischen Sanierung bei einigen hunderttausend Euro pro Jahr liegen dürfte.

Das sanierte Gliesmaroder Bad stellt für den Nordosten Braunschweigs einen wichtigen Standortfaktor dar, der die Lebensqualität erhöht, für Familien, Senioren, Kitas, soziale Einrichtungen und Schulen leicht erreichbar ist und effektives Schulschwimmen ermöglicht. Als Ergänzung des kommunalen Bäderangebots ist das Gliesmaroder Bad eine Bereicherung für die ganze Stadt.

Wir denken, dass man das Engagement von Herrn Knapp nicht hoch genug bewerten kann und hätten uns gefreut, wenn auch in den Stellungnahmen der Stadt zum Schulschwimmen eine Wertschätzung erkennbar gewesen wäre.

Bei der Kontroverse über den angemessenen Preis für das Schulschwimmen will die Stadt bisher nur die eingesparten Schülerbeförderungskosten in Höhe von 39.000 Euro bezahlen. Sie will damit offenbar sogar das Entgelt einsparen, das sie als Schulträger in der Wasserwelt an die Stadtbad GmbH entrichtet (9 Euro pro Bahnenstunde). Die von der Stadt angebotenen 39.000 Euro entsprechen einem Bahnenpreis von rund 25 Euro. Die Badezentrum Gliesmarode Betriebsgesellschaft mbH verlangt das Doppelte, also 50 Euro pro Bahnenstunde, so dass sich eine Gesamtsumme von 78.000 Euro ergäbe.

Wenn man diese Zahlen im Vergleich zu anderen Positionen des städtischen Bäderbetriebs betrachtet, geht es beim Schulschwimmen um eine eher kleinere Summe: Das Defizit der Stadtbad GmbH lag 2015 bei 8,4 Mio. und wird für 2016 voraussichtlich auf 9 Mio. steigen. Größter Verlustbringer ist die Wasserwelt, für die der Steuerzahler jährlich mit rund 5 Mio. Euro einspringen muss. Allein der Bistro-Betrieb der Wasserwelt fuhr 2015 ein Minus von 300.000 Euro ein. Bei 383.000 Besuchern - einschließlich der Schüler - wird rechnerisch jeder Eintritt in der Wasserwelt durch die Stadt mit 13 Euro bezuschusst. Eine Annäherung an die tatsächlichen Kosten für das Schulschwimmen in der Wasserwelt über den Zuschuss ergäbe einen Bahnenpreis von 269 Euro bei einer angenommenen Klassengröße von 20 Schülern (20 x 13 Euro plus Bahnenpreis von 9 Euro).

Wir finden, dass man diese Zahlen im Hinterkopf behalten sollte, wenn man sich über einen Bahnenpreis von 50 Euro für das Schulschwimmen in Gliesmarode streitet.

Im Erbbaurechtsvertrag zwischen der Stadt Braunschweig und der Betreibergesellschaft des Gliesmarode Bades wurde vereinbart, dass "bei der Gestaltung der zu entrichtenden Entgelte marktübliche Tarife zugrunde gelegt werden sollen".

Die Stadt argumentiert in ihrer Stellungnahme, dass sie sich bei der Definition von "marküblich" nur an den Preisen orientieren könne, die von anderen Schulträgern - Städten oder Landkreisen - an kommunale Badbetreiber gezahlt würden. "Marktüblich" könne für sie nicht kostendeckend im Sinne eines privaten Badbetreibers sein. Für uns ist diese Auslegung des Vertragstextes nicht zwingend, denn die Stadt wusste ja durch die Verhandlungen mit Herrn Knapp über den Erbbaurechtsvertrag, dass das Gliesmaroder Bad als Privatbad geführt werden sollte und kann von der Vertragsinterpretation des Badbetreibers eigentlich nicht überrascht sein.

Wenn man sich trotz des Vorbehalts gegenüber der städtischen Interpretation nach der Preisgestaltung anderer kommunaler Bäder umschaut, wird man gleich in Wolfenbüttel fündig. Hier wird das Schulschwimmen zwar nach der Schülerzahl abgerechnet, die Fokussierung auf einen Abrechnungsmodus nach Bahnenstunden ist aber kein Muss, sondern nur eine Möglichkeit unter anderen. In anderen Städten und Kommunen wird z.B. auch nach Schwimmbecken abgerechnet oder ganzen Bädern.

Der Blick nach Wolfenbüttel ergibt, dass im Stadtbad Okeraue für das Schulschwimmen 2,70 Euro pro Schulkind und Besuch verlangt wird, ein Preis, der voraussichtlich zum Jahreswechsel noch erhöht wird.Bei einer angenommenen Anzahl von 20 Schulkindern ergäbe sich in der Okeraue also aktuell ein Betrag von 54 Euro pro Bahnenstunde. Dem von der Stadt ermittelten, angeblich im "oberen Drittel" der kommunalen Bäder liegende Bahnenpreis von rund 25 Euro steht mit über 50 Euro also schon in der Nachbarstadt ein deutlich höherer Bahnenpreis gegenüber.

Da im bisherigen Angebot der Stadt die 9 Euro Kosten pro Bahnenstunde für das Schulschwimmen in der Wasserwelt nicht enthalten sind, sollte bei zukünftigen Verhandlungen zumindest von einer um diesen Betrag erhöhten Summe ausgegangen werden. Die Stadt hätte damit noch keine Mehrkosten. Die eingesparten Schülerbeförderungskosten und die Bahnstundenkosten für die betroffenen Schulen in der Wasserwelt ergäben einen Betrag von 34 Euro.

Der Badbetreiber kalkuliert mit 25 Schülern pro Bahn und legt dabei den Eintrittspreis von 2 Euro pro Kind und Stunde zugrunde, woraus sich der vom Badbetreiber geforderte Preis von 50 Euro pro Bahnenstunde errechnet. Ein Preis, der ungefähr dem der Wolfenbütteler Okeraue entspricht.

Es ist richtig, dass eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung das Gebot einer Kommune sein muss. Ebenso richtig ist aber auch, dass bei der Frage nach dem, was eine Stadt oder Gemeinde im Rahmen der Daseinsvorsorge an Dienstleistungen bereitstellen will, ein politischer Spielraum existiert.

So wie es "keineswegs zwingend" ist, den Schwimmunterricht der umliegenden Schulen im wiedereröffneten Gliesmaroder Bad stattfinden zu lassen, so ist es auch "keineswegs zwingend", die Frage allein "nach wirtschaftlichen Kriterien" zu entscheiden, wie die Stadt in ihrer Stellungnahme behauptet.

Letztlich handelt es sich um eine politische Abwägung zwischen den Zusatzkosten für die Stadt und den Nutzen für die Schüler und Lehrer der betroffenen Schulen, der in kurzen Wegen und einem Zugewinn an Unterrichtszeit im Wasser besteht. Vorteile sehen wir auch für die Wasserwelt, die durch zusätzliche freie Wasserbahnen in der Sportwelt für normal zahlende Badegäste attraktiver werden könnte.

Bürgerinitiative und Förderverein haben sich von Anfang an immer besonders auch für das Schulschwimmen in Gliesmarode eingesetzt.

Wir appellieren daher an Stadt und Badbetreiber, im Interesse der Kinder und Lehrer der betroffenen Schulen einen Kompromiss zu finden.

Braunschweig, den 23. November 2016

Dr. Gary Blume (Vors.)

Artur Schmieding (Stellv. Vors.)

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Stellungnahme als PDF hier

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