Die gestrige Ratssitzung wäre das richtige Ort gewesen, um nicht nur bei der Regionaldebatte, sondern auch bei der Bäderfrage Bürgerfreundlichkeit, Flexibilität und Dialogbereitschaft zu zeigen. Das ist leider nicht geschehen.
Ohne unsere über die Kostenfrage hinausgehenden Argumente pro Baderhalt auch nur mit einem Wort zu erwähnen, beschränkte sich die Verwaltung in ihrer Stellungnahme bedauerlicherweise auf den Aspekt der Vergleichbarkeit und das reine Zahlenwerk. Das kann man machen, weil die Fragestellung dies durchaus zuließ, muss man aber nicht. Mit etwas Gespür für den Unmut weiter Bevölkerungsteile Braunschweigs angesichts der drohenden Schließung von drei Stadtteilbädern hätte man die Frage natürlich auch „ganzheitlicher“ angehen können. Den Sanierungsgegner in den Ratsfraktionen wird diese „formale“ Herangehensweise sicher gefallen haben.
Wir erinnern uns: Nach den Zahlen unserer Gutachter wäre die 1. Sanierungsvariante mit allen bisherigen Becken (ohne Rutsche) für 5,8 - 6,7 Mio. zu realisieren, die 2. „abgespeckte“ Sanierungsvariante (zwei Becken, ohne Rutsche) für 4,6 - 5,5 Mio. Die Betriebskosten, deren Berechnung noch nicht abgeschlossen ist, würden sich bei beiden Varianten durch die Sanierungsmaßnahmen erheblich vermindern. Für die kleine Variante wahrscheinlich auf 1/3 der derzeitigen Betriebskosten von rund 0,8 Mio.
Diese Zahlen sind in Beziehung zu setzten zu den in der Ratsvorlage von 2007 für das Gliesmaroder Bad genannten 9 Mio. (=heute rund 11 Mio.) und von der Stadtbad GmbH vor gegenüber Ratsmitgliedern oder gegenüber der Presse gelegentlich behaupteten 10-12 Mio. (=heute rund 12-14 Mio.).
Bei Beschränkung auf die dem Rat 2007 vorgelegte Zahl von rund 9 Mio. (=heute rund 11 Mio.) stehen sich – in heutigen Preisen – rund 11 Mio. Kostenschätzung Stadtbad GmbH und ca. 4,6 Mio. „abgespeckte“ Variante unserer Gutachter gegenüber.
Wer angesichts der Vorlage des durch Bürgerspenden finanzierten, unabhängigen Sanierungsgutachten, das bereits wenige Tage nach Fertigstellung allen Verantwortlichen zur kritischen Überprüfung zugeleitet wurde, ein Wort der Anerkennung erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Das mag auch nicht zu den Aufgaben der Verwaltung gehören, wäre aus dem Munde eines Ratsmitglieds der großen Fraktionen in der Öffentlichkeit aber sicher gut angekommen.
Ja, wir haben uns durch die Verwaltung eine Stellungnahme erhofft, die nicht nur bei der Feststellung stehen bleibt, dass durch die Unterschiede im „Angebots- und Ausstattungsumfang“ „ein direkter Vergleich der ermittelten Werte (...) nicht möglich“ sei.
Ja, wir hätten uns gewünscht, dass die ökologischen Aspekte (Schonung eines Überschwemmungs- und Landschaftsschutzgebietes), die Entwicklung der Einwohnerzahlen und neue Erkenntnisse aus verschiedenen anderen Bereichen – wie z.B. die demografische Entwicklung und der zusätzliche Bedarf an Wasserfläche gemäß ikps-Gutachten (ermittelter Fehlbedarf inzwischen 400 qm) in die Betrachtung einbezogen worden wäre, ohne dass dies durch die Fragestellung zwingend erforderlich war.
Zwei Punkte, die zu einer fairen Beurteilung des Sanierungsgutachtens auf jeden Fall erforderlich gewesen wären:
Im Gliesmaroder Bad stehen durch den Umzug der ehemaligen Altentagesstätte 2010 in den angrenzenden Neubau und den kaum genutzten Gastronomiebereich zwei jeweils über 200 qm große Räume in gutem baulichen Zustand mit Toiletten usw. zur Verfügung, die mit minimalem Aufwand renoviert und dem stark besuchten Begegnungszentrum zugeordnet oder benachbarten Schulen, Vereinen oder auch gewerblichen Anbietern als Gymnastikräume o.ä. angeboten werden können.
Für den Schützenverein Gliesmarode von 1920 e.V. wird ein Neubau auf dem Stibiox-Gelände am Hungerkamp diskutiert, der auch nicht zum Nulltarif zu haben sein wird und der bei Erhalt des Badezentrums natürlich nicht erforderlich wäre.
Aber auch zu diesem Punkten findet sich der Stellungnahme der Verwaltung kein Wort.
Alles in allem war das ein Trauerspiel, Bürgerfreundlichkeit sieht anders. Wir werden trotzdem nicht aufgeben, sondern weiter versuchen, Politiker, Stadtbad GmbH und die Öffentlichkeit mit Argumenten zu überzeugen.
Die vielen positiven Rückmeldungen auf unsere Arbeit in persönlichen Gesprächen, durch Anrufe, E-Mails und Briefe und die steigenden Mitgliederzahlen des Fördervereins verstehen wir als Ermutigung.